Chancen und Herausforderungen datengesteuerter Lenkungsmaßnahmen

Chancen und Herausforderungen datengesteuerter Lenkungsmaßnahmen | Viacryp

Dieses Interview mit Edwin Kusters erschien am 19.05.2018 in der Sonderausgabe „Digitalisierung im öffentlichen Sektor“ von Pulse Media Group, vertrieben von Elsevier Weekblad.

Die Digitalisierung der Gesellschaft führt dazu, dass immer mehr Daten verfügbar sind. Für Behörden bietet das Chancen, Analysen durchzuführen und ihr strategisches Vorgehen auf deren Auswertung zu stützen. Dabei muss das Datenschutzrecht der Bürgerinnen und Bürger jedoch an erster Stelle stehen, sagt Edwin Kusters, Gründer und Technischer Geschäftsführer von Viacryp.

Worin besteht die gesellschaftliche Bedeutung der Datenanalyse?

„Mit Daten lassen sich unglaublich lohnenswerte Ziele verwirklichen. Es läuft darauf hinaus, dass auf Grundlage von Tatsachen, anstatt von Meinungen und Bauchgefühlen, regiert werden kann. Man kann beispielweise mithilfe der Datenanalyse die beste verkehrstechnische Planung erstellen, entdecken, was die Verkehrsbelästigung in einer bestimmten Straße bedingt und die wirkungsvollste Entscheidung hinsichtlich einer Frage im Sozialbereich treffen – ganz einfach, weil es Datenpunkte gibt, auf die sich Entscheidungen stützen können.”

Worin bestehen die Herausforderungen in diesem Zusammenhang?

„Die Datenerhebung ist der einfache Teil. Da die Kosten für die Datenspeicherung sehr gering sind, speichern Organisationen einfach alles, in der Hoffnung irgendwann einen Nutzen daraus ziehen zu können. In dieser Hinsicht sind wir als Gesellschaft meiner Ansicht nach über das Ziel hinausgeschossen. Wir erheben Daten schon einmal, ohne zu wissen warum. Die Herausforderung besteht deshalb darin, den Wert spezifischer Daten zu definieren und auf Grundlage dessen zu erheben. Dieser Wert entsteht erst, wenn man tatsächlich etwas damit anfangen kann. Das ist schwierig, wenn man den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr sieht. Außerdem ist es wichtig, das richtige Gleichgewicht zwischen der Menge erforderlicher Daten und deren Auswirkung auf das Datenschutzrecht zu finden. Zur Erfassung von Trends oder zur Durchführung von Analysen kann man sich durchaus die Frage stellen, ob man dafür alle Daten einer Gruppe braucht oder ob dafür beispielsweise eine Strichprobe ausreicht.”

Im Zusammenhang mit datenschutzrechtlichen Überlegungen stehen manche Leute der Datenspeicherung und -analyse skeptisch gegenüber. Was halten Sie davon?
„Dieser Widerstand ist berechtigt. Die Leute, die sich für ihre Datenschutzrechte einsetzen, tun das aus gutem Grund. Beispielsweise ist einem Journalisten, der Kontakt mit einem Whistle Blower hat, nicht daran gelegen, dass eine Ermittlungsbehörde sein Reiseverhalten ableiten kann. Nicht zu wissen, was erhoben wird, ist meiner Auffassung nach eine noch stärkere Verletzung des Datenschutzrechtes einer Person. Die neue Datenschutzgrundverordnung (DSGV) zwingt Organisationen dazu, diesbezüglich transparenter zu sein. Dadurch wird es den Betroffenen auch leichter gemacht, Einspruch gegen die Verarbeitung ihrer Daten zu erheben. Es ist wichtig, Leuten dieses Recht zu gewähren und das gut zu kommunizieren. So respektiert man die Wünsche der Bürgerinnen und Bürger. Gleichzeitig steht oder fällt der Erfolg einer Analyse voraussichtlich nicht infolge von ein paar Leuten, die Einspruch erheben.”

Wie ermöglichen Sie eine sichere Datenanalyse?

„Wir bieten Dienstleistungen im Bereich der Pseudonymisierung und Anonymisierung von Daten. Wir haben beispielsweise einer Kommune bei einer Untersuchung zur Ursache der Verkehrsbelästigung in einem bestimmten Viertel geholfen. Um der Belästigung Einhalt zu gebieten, wollte man wissen, zu welchem Zweck Autos dort unterwegs waren. Die Kennzeichen wurden durch für die Gemeinde bedeutungslose Nummern ersetzt. Demselben Verfahren wurde auch der Genehmigungsbestand unterzogen. So konnte man auf anonyme Weise analysieren, was Anliegerverkehr war und was nicht. Da eine spezialisierte und unabhängige Drittpartei beauftragt wurde anstatt selbst mit dem einen oder anderen Tool zu experimentieren, war auch die Kommunikation in Richtung der Viertelbewohner reibungsloser. Kein einziger Anlieger erhob Einspruch. Die Auswertung führte innerhalb von sechs Monaten zu einer neuen Verkehrsstrategie. Wenn man Leute gut informiert und respektiert, kann und darf man sehr viel.”